Adipositas, Lipödem und Lymphödem sind drei unterschiedliche Erkrankungen, die sich in ihren Symptomen zwar ähneln, in Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten allerdings deutlich unterscheiden. Nachfolgend werden die wichtigsten Aspekte erläutert und in einer Tabelle zusammengefasst. Am Ende dieses Beitrages gibt es Handreichungen für medizinisches Fachpersonal, wie diagnostisch und therapeutisch an Besten vorgegangen werden sollte.
Ursachen
- Adipositas: Hauptursache ist eine langfristige positive Energiebilanz durch übermäßige Kalorienzufuhr und Bewegungsmangel. Weitere Faktoren sind genetische Veranlagung, hormonelle Einflüsse, psychologische Aspekte sowie Umweltbedingungen wie ständige Verfügbarkeit von Nahrung.
- Lipödem: Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Vermutet werden hormonelle Veränderungen (z. B. Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre), genetische Faktoren und ein beeinträchtigtes Lymphsystem.
- Lymphödem: Entsteht durch eine Störung des Lymphabflusses, häufig ausgelöst durch Schädigungen der Lymphgefäße (z. B. nach Operationen oder Bestrahlungen). Sekundäre Lymphödeme können auch durch Adipositas entstehen.
Symptome
- Adipositas: Gleichmäßige Fettverteilung am Körper, keine Druckschmerzen oder Hämatomneigung. Begleiterscheinungen können Wassereinlagerungen sein.
- Lipödem: Symmetrische Fettansammlungen an Hüften, Beinen und manchmal Armen. Typisch sind Druckschmerzen, Hämatomneigung und Spannungsgefühle. Der Oberkörper bleibt oft schlank.
- Lymphödem: Schwellungen durch Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe, meist asymmetrisch. Es treten keine Druckschmerzen oder Hämatomneigung auf.
Behandlung
- Adipositas: Konservative Ansätze wie Ernährungsumstellung, Bewegung und psychologische Unterstützung stehen im Vordergrund. In schweren Fällen können bariatrische Eingriffe notwendig sein.
- Lipödem: Therapie umfasst Kompressionstherapie, manuelle Lymphdrainage, Bewegung und Ernährungsumstellung. In bestimmten Fällen kann eine Fettabsaugung (Liposuktion) erwogen werden.
- Lymphödem: Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (manuelle Lymphdrainage, Kompressionstherapie) ist zentral. Hautpflege und Bewegung ergänzen die Behandlung.
Vergleichstabelle
Merkmal | Adipositas | Lipödem | Lymphödem |
Ursachen | Kalorienüberschuss, Bewegungsmangel | Hormonelle Veränderungen, Genetik | Störung des Lymphabflusses |
Symptomverteilung | Gleichmäßig | Symmetrisch an Hüften/Beinen | Asymmetrisch |
Druckschmerzen | Nein | Ja | Nein |
Hämatomneigung | Nein | Ja | Nein |
Behandlung | Ernährung, Bewegung, ggf. bariatrische Chirurgie | Kompression, Bewegung, Liposuktion | Physikalische Entstauungstherapie |
Dieser Vergleich verdeutlicht die Unterschiede zwischen den drei Erkrankungen und erleichtert die Differenzialdiagnose sowie die Wahl der geeigneten Therapieansätze.
Handreichung für medizinisches Fachpersonal:
Diagnostik Adipositas, Lipödem, Lymphödem
(Download-Link am Ende der Seite)
Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte zur diagnostischen Unterscheidung zwischen einer Adipositas, einem Lipödem und einem Lymphödem. Grundsätzlich können auch verschiedenen Ursachen gleichzeitig vorliegen, z. B. ein Lipödem und eine Adipositas oder ein Lymphödem begleitend bei ausgeprägtem Lipödem.
Adipositas
- Anamnese: Erhebung der Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsmuster und familiären Vorbelastungen.
- Messungen:
- Body-Mass-Index (BMI): Adipositas beginnt ab einem BMI von 30.
- Bauchumfang und Taille-Hüft-Verhältnis zur Beurteilung der Fettverteilung.
- Blutuntersuchungen: Überprüfung von Begleiterkrankungen wie Diabetes, Hyperlipidämie oder Schilddrüsenfunktionsstörungen.
- Differenzialdiagnose: Ausschluss anderer Ursachen für Gewichtszunahme, z. B. hormonelle Störungen (Hypercortisolismus, Hypothyreose).
Empfehlung: Vorstellung bei einer Ernährungstherapeutin, ggf. in einem Adipositaszentrum
Lipödem
- Anamnese: Fragen nach Symptomen wie Druckschmerz, Hämatomneigung, Spannungsgefühlen und familiärer Vorbelastung.
- Körperliche Untersuchung:
- Symmetrische Fettvermehrung an Beinen und/oder Armen mit Aussparung von Händen und Füßen.
- Kneiftest: Überprüfung der Druckempfindlichkeit an den betroffenen Stellen.
- Manuelle Palpation: Prüfung auf typische “Styroporkügelchen”-Struktur des Gewebes.
- Bildgebende Verfahren:
- Ultraschall zur Differenzierung von Fettgewebe und Ödemen.
- Bioimpedanzanalyse zur Messung des Körperfettanteils.
- Abgrenzung zu Adipositas: Lipödem bleibt trotz Gewichtsabnahme bestehen.
Empfehlung: Versorgung mit einer Flachstrick-Kompressionshose Kl. 2 (über Heilmittelverordnung, 2 Hosen zur hygienischen Wechselversorgung, alle 6 Monate neu), Verordnung manuelle Lymphdrainage (ideal: 2x wöchentlich, keine Zeitvorgabe notwendig), Vorstellung in einer Fachklinik für Liposuktion (Privatleistung).
Lymphödem
- Anamnese: Ermittlung von Risikofaktoren wie Operationen, Bestrahlungen oder familiärer Veranlagung.
- Körperliche Untersuchung:
- Schwellungen meist asymmetrisch mit Beteiligung von Händen oder Füßen.
- Stemmer-Zeichen: Unfähigkeit, die Haut über der zweiten Zehe oder dem Finger anzuheben (positiv bei Lymphödem).
- Bildgebende Verfahren:
- Lymphszintigrafie zur Darstellung des Lymphflusses.
- Sonografie zur Beurteilung von Flüssigkeitsansammlungen.
Empfehlung: Vorstellung bei einer/einem Lymphologen
Merkmal | Adipositas | Lipödem | Lymphödem |
Diagnosemethoden | BMI (ggf. BRI), Bauchumfang, Bluttests | Anamnese, Kneiftest, Sonografie | Stemmer-Zeichen, Lymphszintigrafie |
Symmetrie der Symptome | Gleichmäßig | Symmetrisch (Beine/Arme) | Meist asymmetrisch |
Hände/Füße betroffen? | Ja | Nein | Ja |
Druckschmerzen? | Nein | Ja | Nein |
Bildgebung nötig | Selten | ggf. Ultraschall/Bioimpedanzanalyse | Lymphszintigrafie |
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