Der Body Mass Index (BMI) – wir alle kennen ihn. Er ist das Maß aller Dinge, wenn es um Übergewicht und Adipositas geht. Allerdings wird der BMI auch schon lange ziemlich kritisch gesehen: Schließlich sagt der BMI nichts darüber aus, wo das Fett sitzt oder wie gesund jemand tatsächlich ist. Arnold Schwarzenegger hatte in seinen als Bodybuilder aktiven Zeiten einen BMI von knapp 41 kg/m2. Nach gängiger Definition war das eine Adipositas I°. Genau hier kommt der Body Roundness Index (BRI) ins Spiel – eine neue Methode, die vielleicht bald den BMI ablösen könnte. Aber was ist der BRI überhaupt, und warum könnte er besser sein?
Was ist das Problem mit dem BMI?
Zunächst einmal: Der BMI ist einfach zu berechnen – Gewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat. Das macht ihn praktisch und schnell anwendbar. Aber genau hier liegt auch das Problem: Der BMI schaut nur auf das Gesamtgewicht und ignoriert alles andere.
Ein Beispiel: Stell dir zwei Männer vor, beide 1,80 Meter groß und 90 Kilogramm schwer. Laut BMI (27,8) sind beide übergewichtig. Aber was, wenn der eine ein muskulöser Sportler mit kaum Körperfett ist, während der andere einen deutlichen Bauchansatz hat? Der BMI macht hier keinen Unterschied – obwohl die gesundheitlichen Risiken völlig unterschiedlich sind.

Außerdem berücksichtigt der BMI weder das Alter noch das Geschlecht oder die Fettverteilung im Körper. Dabei wissen wir längst: Es macht einen großen Unterschied, ob Fett vor allem am Bauch (viszerales Fett) oder an den Hüften sitzt. Bauchfett ist viel gefährlicher für die Gesundheit.
Der Body Roundness Index (BRI): Eine neue Perspektive
Der BRI versucht genau diese Schwächen des BMI auszugleichen. Statt nur Gewicht und Größe zu betrachten, bezieht er den Taillenumfang mit ein. Warum? Weil der Taillenumfang ein guter Indikator dafür ist, wie viel viszerales Fett jemand hat – also das Fett, das sich um die Organe legt und besonders ungesund ist.
Wie funktioniert der BRI?
Der BRI wird mit einer Formel berechnet, die Körpergröße und Taillenumfang kombiniert. Das Ergebnis gibt an, wie “rund” jemand ist – daher auch der Name “Body Roundness Index”. Je runder (also bauchlastiger) eine Person ist, desto höher ihr BRI-Wert und desto größer das Gesundheitsrisiko. Für die Nerds unter Euch, hier die Formel:

WC bedeutet hier „Waist Circumference“, also Taillenumfang und H für „Height“ (Körpergröße)
Das Ergebnis ist eine Zahl zwischen 0 und 16. Sehr schlanke Menschen haben einen BRI zwischen 0 und 3,41. Etwas unterdurchschnittlich ist der BRI zwischen 3,41 und 4,45. Der Durchschnitt liegt zwischen 4,45 und 5,46, ein überdurchschnittlicher BRI liegt zwischen 5,46 und 6,91 und ein hoher BRI zwischen 6,91 und 16.
Einen Online-Rechner gibt es hier: BRI-Berechnen
Warum könnte der BRI besser sein als der BMI?
Der BRI hat einige klare Vorteile gegenüber dem klassischen BMI:
- Er misst, wo es wirklich wichtig ist: Studien zeigen, dass der Taillenumfang (und damit auch der BRI) viel besser mit Gesundheitsrisiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes zusammenhängt als der BMI. Schließlich kommt es nicht nur darauf an, wie viel Fett man hat, sondern vor allem darauf, wo es sitzt.
- Beispiel: Zwei Frauen wiegen beide 70 Kilogramm bei einer Größe von 1,65 Metern (BMI: 25,7 – leicht übergewichtig). Die eine hat jedoch eine schmale Taille von 70 cm, während die andere einen Taillenumfang von 95 cm hat. Der höhere BRI-Wert der zweiten Frau würde deutlich machen: Hier besteht ein höheres Risiko für Herzprobleme oder Diabetes.
- Er unterscheidet zwischen verschiedenen Körpertypen: Der BRI berücksichtigt die individuelle Körperform besser als der BMI. Das macht ihn besonders nützlich für Menschen mit atypischen Körperzusammensetzungen – etwa sehr muskulöse Personen oder solche mit einem hohen Bauchfettanteil.
- Er liefert präzisere Ergebnisse: Studien zeigen, dass der BRI besser vorhersagen kann, ob jemand an Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes leidet – Krankheiten, die oft mit Übergewicht in Verbindung stehen.
Hat der BRI auch Nachteile?
Natürlich ist nicht alles perfekt. Der größte Nachteil des BRI ist wohl seine komplizierte Berechnung. Während man den BMI schnell im Kopf ausrechnen kann, braucht man für den BRI entweder einen Online-Rechner oder eine App. Außerdem ist er noch nicht so bekannt und weit verbreitet wie der BMI – viele Ärzte und Patienten kennen ihn schlichtweg nicht.
Wird der BRI den BMI ablösen?
Das Potenzial dazu hätte er auf jeden Fall! Der BRI bietet eine präzisere Einschätzung von Gesundheitsrisiken und könnte uns helfen, Übergewicht und Adipositas individueller zu bewerten. Allerdings wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis er sich in der Praxis durchsetzt. Der BMI hat einfach einen großen Vorteil: Er ist einfach zu berechnen und seit Jahrzehnten etabliert. Doch vielleicht sollten wir schon jetzt anfangen, den Taillenumfang stärker in unsere Beurteilungen einzubeziehen – sei es durch den BRI oder andere Methoden. Denn eines steht fest: Nicht alle Kilos sind gleich gefährlich!
Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung
Der Body Roundness Index ist ein spannender Ansatz für alle, die sich mit Übergewicht und Adipositas beschäftigen – sei es als Arzt oder Betroffener. Er zeigt uns einmal mehr: Gesundheit lässt sich nicht auf eine einzige Zahl reduzieren. Vielleicht sollten wir also weniger auf den BMI starren und stattdessen genauer hinschauen – auf uns selbst und auf unsere Patienten.
Was denkst du? Sollte der BRI den BMI ablösen? Schreib’s in die Kommentare!
Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay
Entdecke mehr von Adipositaszentrum Deutschland
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.